Digitale Schrittmacher

Das Hamburger Startup meevo Healthcare begründet neue Sanitätshaus-Kultur – und denkt die Versorgung mit medizinischen Hilfsmitteln neu. Den Anfang machen orthopädische Einlagen von craftsoles.

Das Konzept Sanitätshaus hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert. Neben dem Mangel an Transparenz und digitalen Lösungen, entsprechen die Leistungen selten den Ansprüchen der Kund:innen. Vielmehr bleiben diese oftmals über ihre Rechte und Wahlmöglichkeiten im Dunkeln und dürfen dann tief in die Tasche greifen. Drei Digital Health Pioniere wollen das ändern und den Markt für sogenannte Hilfsmittel – dazu zählen Kassenleistungen wie Kompression, Bandagen, Einlagen und Co. – neu denken. Den ersten Schritt machen sie mit orthopädischen Einlagen. „Prävention und eine gute Gesundheitsversorgung gehen jeden etwas an. Wir wollen alle zu mündigen Entscheidern über ihre eigene Gesundheit machen, indem wir für Transparenz, Wahlmöglichkeiten und volle Kostenkontrolle sorgen“, so Arlett Chlupka, Co-Gründerin von meevo Healthcare. Namhafte Gesellschafter investierten drei Millionen Euro.

Der Gang ins Sportgeschäft und zum Optiker ist Standard und gehört zu einem gesunden und selbstbestimmten Leben dazu. Anders jedoch ist es bei Sanitätshäusern: Wer nicht muss, vermeidet einen Besuch. Doch steht die Anschaffung von Gehstützen, Bandagen oder Einlagen einmal an, finden sich Kund:innen schnell in einem intransparenten System ohne Kontrolle über Kosten oder Qualität. „Wer mit einem Rezept über Gehilfen oder Einlagen in ein Sanitätshaus geschickt wird, weiß häufig nichts über eventuelle Zuzahlungen. Den Wenigsten ist dazu bewusst, dass sie sich auch für andere Bezugsquellen entscheiden könnten. Oftmals wäre ein Artikel online günstiger zu haben als im Sanitätshaus – und das, obwohl die Krankenkasse einen Teil übernimmt“, so Arlett Chlupka.

meevo Healthcare schafft Transparenz

Doch wie kommt es, dass ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung so überholt agiert? 2019 zahlten die gesetzlichen Krankenkassen neun Milliarden Euro für Hilfsmittel, was einem Anteil von 3,8 Prozent der Leistungsausgaben entspricht. „Kassen, Ärzteschaft und Sanitätshäuser bilden ein geschlossenes System, das von Intransparenz profitiert. Preisstrukturen offen zu legen, Kund:innen aufzuklären oder Service zu verbessern, scheinen für keine der Parteien einen Mehrwert darzustellen. Folglich ändert sich nur etwas, wenn Kund:innen Alternativen haben“, erklärt Chlupka. Die Wirtschaftsinformatikerin war für diverse Digitalisierungsprozesse im Gesundheitssektor verantwortlich, zuletzt bei Fielmann.

meevo Healthcare begründet Transformation

Um die Hilfsmittelversorgung auf ein neues Level zu heben, gründeten die Hamburger:in Arlett Chlupka und Simon Maass gemeinsam mit dem Münchner Florian Birner 2018 meevo Healthcare und launchten ihre erste Marke meevo: Ein modernes Sanitätshaus, das mit einer Health Lounge und einer transparenten, einladenden Produktpräsentation punktet. Bereits im August 2018 konnte meevo Healthcare die Türen für ihren ersten, gleichnamigen Store in der Hamburger Innenstadt am Alten Wall eröffnen. Auf die Idee kam das Trio unter anderem durch den Austausch mit ihrem ersten Investor, Peter von le Fort, der 2011 die Sanitätshauskette Schattschneider übernahm, um diese von ihrem eingestaubten Image zu befreien. Ihr gemeinsamer Nenner: Eine Transformation des Versorgermarkts und unkomplizierten Zugang zu Hilfsmitteln für alle schaffen. „Der Markt ist zu weit von seinen Kund:innen entfernt und stellt ihre Bedürfnisse nicht in den Mittelpunkt. So haben es die Unternehmen in den letzten Jahren versäumt eine digitale Kompetenz aufzubauen, die es ihnen ermöglicht, ihre Kund:innen kennen zu lernen und über digitale Services einen einfachen Zugang und zusätzlichen Mehrwert zu bieten. Digitalisierung ist nicht nur Treiber für viele Geschäftsmodelle, sondern auch Enabler – so auch in der Hilfsmittelversorgung“, sagt Simon Maass.

meevo ist das Sanitätshaus der Zukunft

meevo Healthcare will den Besuch im Sanitätshaus neu denken. Aufklärung und Beratung stehen im Mittelpunkt. Kund:innen behalten volle Einsicht und damit Kontrolle über die Produkte und Leistungen, die ihnen zustehen – inklusive der Optionen auf Zuzahlung. Alternativ stöbern und bestellen Interessierte im meevo Onlineshop und erhalten auf Wunsch eine Videoberatung. Von Home Office Zubehör, über Einlagen, bis hin zum Rollator, steht das meevo-Team in allen Lebenslagen beratend zur Seite und bietet große Auswahl und Individualisierungen. „Wir sind sehr happy, dass unser kontaktloser Service gerade während Corona entlasten konnte. Besonders vulnerablen Gruppen sollte fundierte Beratung und Versorgung auch online zur Verfügung stehen“, so Florian Birner, verantwortlich für Sales und Operations bei meevo Healthcare.

meevo Healthcare lanciert die orthopädischen Einlagen von craftsoles

Neben meevo, entwickelte das Trio mit craftsoles ein erstes volldigitales Produkt: Die Online-Versorgung mit orthopädischen Einlagen. Denn der häufigste Grund für einen Gang zum Sanitätshaus sind Schmerzen in Füßen, Knien oder im Rücken. Mehr als 70% der Deutschen leiden unter Fußfehlstellungen, Beinlängendifferenzen oder den Folgen von Haltungsproblemen. Doch von 44 Millionen potenziellen Einlagen-Nutzenden, verwenden gerade einmal 16 Millionen Deutsche Einlagen. Damit bleiben rund 28 Millionen Menschen unversorgt. Dabei zählen Orthopädische Einlagen zu den Top-Tools der Prävention. meevo Healthcare setzt mit craftsoles neue Maßstäbe in Puncto Tempo, Qualität und Service und holt endlich auch die jüngere Zielgruppe in ihren Gewohnheiten ab: Über craftsoles.de lassen sich medizinische Maßeinlagen in nur drei Schritten konfigurieren und werden in wenigen Tagen bequem nach Hause geliefert. Dazu steht auf Wunsch ein Berater per Videochat zur Verfügung. Gelauncht wurde 2020. „Aus dem stationären Sanitätshaus haben wir gelernt, welche Anforderungen an eine orthopädische Schuheinlage von höchster Qualität wichtig sind. Diese Erfahrung haben wir ins Digitale übertragen. Damit ist craftsoles Pionier für Online-Bestellungen von orthopädischen Maßeinlagen – ohne bei der Qualität Abstriche zu machen. Das zahlt sich aus: Unsere Rücksendequote liegt bei weniger als einem Prozent“, so Florian Birner.

So funktioniert craftsoles

Neue Einlagen sind im Nu bestellt: Über den Online Konfigurator wählen Kund:innen zwischen Schuhtypen sowie verschiedenen Bezügen. Die Preise variieren zwischen 84,99 Euro und 114,99 Euro. Das eigens von craftsoles entwickelte Abdruck-Set kommt per Post und Nutzende nehmen ihre Fußabdrücke selbstständig mit Hilfe von Kohlepapier. Danach geht es per Post zurück an craftsoles, wo Orthopädietechniker:innen innerhalb von drei Tagen Einlagen nach Maß erstellen. Nachbessern ist kostenlos, bis die Einlage perfekt sitzt. Und wer unzufrieden ist, bekommt sein Geld zurück.

meevo Healthcare schützt das Meisterhandwerk

Mit der Marke craftsoles setzen die Hamburger auf erstklassiges Handwerk: Die Rohstoffe bezieht das Team aus ausgewählten Manufakturen in Berlin, Stuttgart und Bayreuth, die Hygienebezüge stammen aus Italien. Die Einlagen fertigen Orthopädietechniker:innen von Hand in der hauseigenen Meisterwerkstatt im meevo Sanitätshaus in Hamburg. Je nach Indikation und Schuhtyp, wählen die Expert:innen aus mehr als 30 Materialien die passenden Komponenten für die individuelle craftsoles-Einlage. Entsprechend hochwertig ist das Design: Die Maßanfertigungen sind federleicht und schmal und erfüllen die Anforderungen von Sport über Business, bis hin zu Arbeitssicherheit. „Wir stellen die qualitative Versorgung unserer Kund:innen an erste Stelle. Wer heute noch mit minderwertigen Einlagen versorgt, hat nicht verstanden, dass es neben der gesundheitlich korrekten Versorgung auch darum geht, dass Kund:innen die Einlagen gerne tragen und ihre Einlage regelmäßig erneuern”, sagt Florian Birner. “Immer mehr nicht-medizinische Alternativen drängen aktuell in den Markt, überzeugen durch Lifestyle Branding und verdrängen das medizinische Know-how. Einlagen sind hier nur ein Beispiel.”

Ehrgeizige Pläne und Investoren

So spannend wie die Vision von meevo Healthcare, ist ihr Netzwerk an Unterstützern: Neben Peter von le Fort, dem Wirtschaftslenker Dieter Ammer und Ulrich Wandschneider, Mitglied des BioNTech Aufsichtsrats, investierte auch Peter Rikowski, Geschäftsführer bei Tchibo Coffee Service. Drei Millionen Euro flossen bisher in das Hamburger Startup, das große Pläne hat und seinen Umsatz auch während der Pandemie von Q4 2020 auf Q1 2021 um 130% steigern konnte, während Akquisitionskosten um 30% gesenkt wurden. Aktuell baut das Team seine craftsoles-Fertigung auf 1.000 Quadratmeter aus. Bis zum Ende des Jahres können dann rund 8.000 Paar Einlagen pro Monat hergestellt werden. Noch nutzen hauptsächlich Selbstzahler und Privatversicherte craftsoles. In Zukunft sollen auch gesetzlich Versicherte von dem verbesserten Service profitieren. Schon jetzt haben Versicherte bis zu zweimal im Jahr Anspruch auf neue Einlagen, doch nur wenige nutzen es. „In fünf Jahren wollen wir die digitale Anlaufstelle für Hilfsmittel sein“, so Arlett Chlupka. Neben dem Sanitätshaus meevo und der Marke craftsoles als Fundament, sind weitere digitale Produkte geplant.

Weitere Infos: https://www.meevo.de/ und https://www.craftsoles.de/