Herz über Kopf

Trotz vieler Rückschläge gab Ebru Erkunt nicht auf. Jetzt lebt sie mit ihrem Nusscreme-Startup HaselHerz ihren Traum von der Selbstständigkeit mit Impact. 

HaselHerz-Gründerin Ebru ist das beste Beispiel dafür, dass es sich lohnt, für seine Ziele zu kämpfen. Ihr steiniger Weg hielt einige Hürden bereit, die sie immer wieder auf’s Neue erfolgreich meisterte. Mittlerweile hat sie über eine halbe Million Gläser ihrer Schokocremes verkauft und kann von ihrem Herzensprojekt HaselHerz leben. 30.000 Gläser werden täglich abgefüllt und landen auf den Frühstückstischen der Republik. Die Brand steht für pure Nussliebe ohne Palmöl und weißen Zucker – dafür vegan, glutenfrei und bio. Ihre Aufstriche begeistern mit ultraschokoladigem Geschmack und verzichten auf alles, was ungesund, nicht nachhaltig und unnötig ist.

„Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht oft kurz davor war, aufzugeben. Doch ganz egal, wie groß die Herausforderungen auch waren, ich habe für meinen Traum gekämpft. Das macht mich im Nachhinein schon stolz“, resümiert HaselHerz-Gründerin Ebru Erkunt. Ihre aufregende Reise begann im Jahr 2014. Ein traditioneller Nuss-Aufstrich war beim Besuch in der Türkei, der Heimat ihrer Eltern, das Highlight. Sie war begeistert vom einzigartigen Geschmack, der nicht zuletzt aus dem hohen Anteil von Haselnüssen rührte.

Zurück in Deutschland fragt sich Ebru, wieso sie eigentlich hierzulande darauf verzichten musste. Ihre Marktanalyse ergab, dass sich zwar Nuss-Nougat-Cremes in den Regalen stapelten, von einer Alternative ohne weißen Zucker und Palmöl war aber weit und breit keine Spur. So beschloss sie kurzerhand, ihr eigenes Produkt herzustellen. Zusätzlicher Antrieb: Ebrus Liebe zu Orang Utans sowie der Schutz der Regenwälder. „Schokoaufstriche sind zwar nur ein Produkt unter vielen, das mit Palmöl produziert wird, aber ich möchte mit Haselherz einen Beitrag leisten und Bewusstsein für das Thema schaffen. Es geht ohne Palmöl – auch wenn uns die Lebensmittelindustrie etwas anderes vermitteln will.“

Der Verzicht auf Palmöl und raffinierten Zucker war für Ebru von Anfang an glasklar. Und auch vegan und bio sollte es sein. „Was heute bei einer bewussten Ernährung ganz selbstverständlich und voll im Trend ist, war damals ein Nischenthema. Für mich war es der Ausgangspunkt meiner Gründung“, erinnert sich Ebru. Direkt Feuer und Flamme für ihre Idee, stand sie im Februar 2014, nur fünf Monate nach ihrer ersten Recherche, mit vier eigenen Nusscremes auf der Biofach-Messe.

Zwei Jahre lang arbeitete die unerschütterliche Gründerin neben ihrem Projekt weiterhin Vollzeit als Beraterin in einer Marketingagentur. „Rückblickend war das eine herausfordernde Zeit. Ich kann nicht sagen, woher ich die Kraft genommen habe, den Workload, den HaselHerz mit sich brachte, neben dem Tagesjob zu stemmen“, denkt Ebru zurück. Nachdem ihr erste Muster externer Produktionen nicht hundertprozentig zusagten, entschloss sie sich, ihre Aufstriche selbst herzustellen.

Sie mietete sie sich eine gewerbliche Küche in ihrer Wahlheimat Hamburg und begann mit Küchenmaschinen, die sie von ihren Ersparnissen angeschafft hatte, ihre ersten Nuss- und Schokocremes zu produzieren. Nach Feierabend sowie am Wochenende stand sie in der Küche, um die HaselHerz-Cremes herzustellen. In acht Stunden schaffte sie mit etwas Übung bis zu 200 Gläser. Für einen Großauftrag, der 3.200 Gläser umfasste, reiste extra ihre Familie aus Nordrheinwestphalen an, um sie zu unterstützen. „Es war ein Kraftakt, rücklickend aber auch sehr schön! Ich habe daraus gelernt: Wenn es sein muss, geht alles!“ sagt Ebru.

Erst 2017 gab sie ihren Hauptjob auf, um sich voll und ganz HaselHerz widmen zu können. Doch von mehr Zeit war deshalb keine Rede. Ebru stellte ein komplettes Unternehmen in einer Person dar: Einkauf, Buchhaltung, Marketing, Vertrieb, Produktion, Verkauf. Im selben Jahr beschloss sie schließlich, ihre Aufstriche extern produzieren zu lassen. Doch aufgrund der geringen Auftragsmengen stellte sich heraus, dass dies schwerer war als gedacht. Auch die Vorfinanzierung stellte eine Herausforderung dar, da sie mehr Ausgaben als Einnahmen hatte. Die Folge: Der finanzielle Druck wurde immer größer. „Meinen persönlichen Tiefpunkt hatte ich, als mein damaliger Lieferant mir ohne Vorwarnung einfach keine Produkte auslieferte. So brachen nicht nur die Einnahmen weg, sondern Haselherz wurde auch aus den Regalen im Einzelhandel ausgelistet, weil keine Ware kam.“ Keine Produkte, keine Einnahmen, Listung futsch, Motivation am Tiefpunkt. Die sechs Monate Lehrlauf kann sie nur überbrücken, indem sie am Flughafen als Bodenpersonal jobbt. „Rückschäge sind demotivierend, aber wenn man für seinen Traum brennt, kommt die Motivation auch rechtzeitig wieder zurück.“

Doch diese Zeiten sind inzwischen Geschichte. Mit einem Handelsumsatz von über 2 Millionen Euro, und einer Produktion von über 30.000 Aufstrichen täglich, ist sie von ihren Anfängen heute weit entfernt. Finanzierte sich Ebru anfangs lediglich mit eigenen Ersparnissen, Unterstützung ihrer Familie und einem Gründer-Kredit, konnte sie 2021 in der VOX-Gründer Show „Die Höhle der Löwen“ Ralf Dümmel als Investor gewinnen. Fünf Jahre lang in Folge hatte sie sich beworben, bevor ihr Traum wahr wurde. Sie durfte in der Show pitchen und der Unternehmer stieg für einen Anteil von 25% mit einem Invest von 80.000 Euro bei HaselHerz ein. Es folgten eine Sortimentserweiterung und ein neues Preismodell.

Als Ebru mit ihrer Produktion begann, stellte sie vier Nusscremes her. 2018 erweiterte sie ihr Sortiment um die Nuss Nougat-Aufstriche und Schokoladen, 2021 um eine nicht-vegane Variante. Mittlerweile gibt es vier Cremes – zwei Nuss- sowie zwei Schokocremes – und zwei vegane Schokoladen. Das Besondere an den Produkten von HaselHerz ist, dass sie weder Palmöl noch raffinierten Zucker enthalten und alle Zutaten der sehr kurzen Zutatenliste Bio-zertifiziert sind. Gängige Schokoaufstriche sorgen durch den hohen Zuckergehalt und unnötig viele Zutaten häufig für ein schlechtes Bauchgefühl und Gewissen. Nicht bei HaselHerz: Hier wird weißer Zucker durch Pekmez – Traubenmelasse nach türkischem Rezept – oder Kokosblütenzucker ersetzt und die Zutatenliste ist auf das Nötigste reduziert. Das gesamte Sortiment ist zudem glutenfrei.

Das Thema Palmöl ist für die Gründerin mit türkischen Wurzeln eine echte Herzensangelegenheit. „Palmöl ist nicht nur ungesund, sondern auch eine riesige Belastung für unseren Planeten. Da Pflanzenfett in tropischen Regionen angebaut wird, muss dort vorher der Regenwald gerodet werden. Etwas, dass ich auf gar keinen Fall unterstützen kann! Denn er ist nicht nur wichtig für unser Klima, sondern auch der Lebensraum für Orang-Utans und viele weitere Tiere “, so Ebru. Da sie der Umwelt etwas zurückgeben möchte, unterstützt sie ein Auswilderungsprojekt für Orang-Utans auf Sumatra.

Ihre Produkte sind mittlerweile bei über 1.000 Rewe-Märkten, weiteren ausgewählten Einzelhandelspartnern (u.a. Denns Bio, baasic, vollcorner) sowie auf www.haselherz.de erhältlich. „Die Teilnahme bei Die Höhle der Löwen hat HaselHerz einen großen Push gegeben“, freut sich Ebru Erkunt. „Obwohl ich nicht gedacht hätte, dass das überhaupt geht, ist mein Workload nochmal ordentlich gestiegen seit April.“ Aktuell unterstützen sie eine Grafikerin und eine Social media-Managerin bei ihrer Arbeit, alles andere stemmt Ebru noch allein. Doch das soll sich bald ändern: Sie ist auf der Suche nach Mitarbeitern und will bald in ihr erstes eigenes Büro ziehen. Und auch das Produktsortiment steht nicht still. Bald wird es zwei neue Produkte geben, eine Creme sowie etwas ganz Neues für HaselHerz. „Es macht mich unheimlich glücklich, zu sehen, wie HaselHerz wächst und sich entwickelt. Ich freue mich unglaublich auf alles, was kommt und bin schon gespannt auf die nächsten Herausforderungen“, so Ebru.