Mit JUPUS hat Künstliche Intelligenz auch Einzug in den Alltag von Juristen gehalten. Vom Erstkontakt bis zum Anlegen der Akte – all das kann mit der Software von JUPUS in Zukunft vollautomatisiert ablaufen. Stefan C. Schicker, LL.M., hat in das Kölner LegalTech-Startup investiert. Als Partner und ehemaliger CEO der Sozietät SKW Schwarz und Fachanwalt für Informationstechnologierecht und gewerblichen Rechtsschutz, weiß er um die Anforderungen, die Legal Software erfüllen muss. Im Interview spricht er über die digitale Transformation des Anwaltsberufs und dessen Zukunft in Zeiten von ChatGPT.
Welches Potenzial hat LegalTech Ihrer Meinung nach für die Rechtsbranche?
Ich bin überzeugt, dass viele Tätigkeiten, die aktuell von JuristenInnen ausgeführt werden, durch LegalTech und innovative Prozesse standardisiert und teilweise automatisiert werden können. Das ist auch dringend notwendig. Einerseits weil die Kosten zu hoch sind, andererseits weil Personalmangel effizientere Strukturen erfordert. Nur wer jetzt anfängt, sich auf die neuen Gegebenheiten einzustellen, kann sich mit LegalTech und Co. dafür rüsten. Voraussetzung ist aber, dass eigene Prozesse aufgebaut und immer wieder feinjustiert werden. Ich habe schon Mitte der 1990er Jahre LegalTech Internet-Plattformen programmiert. Die Entwicklung ist seitdem langsamer angelaufen, als ich mir das gewünscht hätte. Aber seit einigen Jahre hat die Diskussion darüber zum Glück wieder Fahrt aufgenommen.
Welche möglichen Probleme können KI und Co. lösen?
Zuletzt hat es ChatGPT geschafft, die großartige KI-Technologie aus einer Experten-Nische in die breite Masse zu ziehen. KI geht aber weit über ChatGPT hinaus und ist eine Superkraft und die Sprache von morgen. Wir müssen jetzt lernen mit den Stärken und Schwächen der aktuellen Systeme umzugehen. Aus juristischer Sicht haben die aktuellen Modelle natürlich noch Schwächen, weil sie nur unzureichend auf deutschen juristischen Texten trainiert wurden. Aber das wird sich in naher Zukunft ändern und dann wird auch die kreative Erstellung von Texten möglich sein. Aber es gibt auch viele „kleine“ Einsatzmöglichkeiten für KI, beispielsweise die bessere Erschließung von Büchern – mit Verweisen auf die Fundstellen – und die Zusammenfassung von Urteilen, um sich schneller einen Überblick zu verschaffen. Ich gehe davon aus, dass KI die Anwaltsarbeit genauso durchdringen wird wie vor einigen Jahren die Digitalisierung.
Wie hat die Digitalisierung ihre Arbeit als Rechtsanwalt in den letzten Jahren verändert?
Ich verzichte schon seit 2009 weitestgehend auf Papier und physische Akten. Während Corona wurden dann auch im juristischen Umfeld Remote-Konferenzen und -Arbeiten zum Alltag. Durch die Digitalisierung konnten wir viele Prozesse vereinfachen und effizienter gestalten. Das kommt unseren Mitarbeiter:innen und Kund:innen zugute.
Wie schätzen Sie die Offenheit der Rechtsbranche für technologische Innovationen ein?
Es gibt eine wachsende Blase von Legal Innovation-interessierten Kolleg:innen. Aber das Gros der Rechtsbranche scheint insgesamt sehr träge und zu bequem für Veränderungen. Zu lieb hat man seine Gewohnheiten und der Satz „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist immer noch oft zu hören. Wichtig ist es daher beim Mindset der Kolleg:innen anzusetzen und Offenheit für neue Vorgehen und Techniken zu trainieren. Es bleibt also noch viel zu tun.
Was passiert Ihrer Ansicht nach mit den Anwälten, die nicht aktiv an ihrer Digitalisierung arbeiten?
Meine klare Position dazu ist, dass Anwälte, die sich nicht um die Digitalisierung nicht kümmern, von Anwälten, die die Digitalisierung ernst nehmen abgehängt werden. Dabei reicht es aber nicht, „mal ein Legal Tech Tools zu kaufen“. Vielmehr muss man sich von Grund auf die Abläufe in Kanzleien und Rechtsabteilungen ansehen, in Prozessen denken und die Abläufe neu strukturieren. Dann kann man auch digitalisieren und dann ist man auch gut für künftige Entwicklungen aufgestellt.
Als Anwalt im Bereich IT & Technology und CEO ihrer Kanzlei glänzen Sie auf mehreren renommierten Bestenlisten der letzten Jahre. Hatten die Digitalisierung, die Automatisierung oder die KI bereits einen Anteil daran?
Während meiner Zeit als CEO von SKW Schwarz haben wir sehr stark an unseren internen Prozessen gearbeitet und vieles digitalisiert. Ich legte viel Wert darauf, Legal Innovation in die Köpfe der Kolleg:innen zu bekommen. Dabei hat mich ein Innovation Team unterstützt, dass wir über die Jahre aufgebaut haben. Zusammen haben wir durch interne und externe Schulungen Wissen vermittelt, Techniken vorgestellt und das Interesse der Kolleg:innen geweckt. Dadurch konnten wir auch die Bedürfnisse der Mandant:innen aufgreifen und verschiedene LegalTech-Tools bauen.
Wie kam es zu der Entscheidung in JUPUS zu investieren?
Das Konzept von René hat mich einfach überzeugt, weil es eine smarte und saubere Lösung für die so nötige Prozessoptimierung bietet. JUPUS setzt mit einer geringen Einstiegshürde daran an, was Anwält:innen am wichtigsten ist: neue Kund:innen zu generieren. Die strukturierte Informationserhebung schafft einen besonders leichten Einstieg und am Ende des Prozesses bleibt nicht mehr viel Handarbeit. Zudem wird das Tool von dem großartigen Team von JUPUS ständig weiterentwickelt. Wir prüfen selbst gerade, in welchem Umfang wir die Software bei uns einsetzen können. Zum Glück sind wir ja bereits digital sehr gut aufgestellt, aber die Vorzüge von KI-Tools können und wollen wir noch mehr ausschöpfen.
Wie schätzen Sie das Wachstumspotenzial von JUPUS ein?
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Idee von JUPUS sehr gut ist und zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle ansetzt. Das Team macht enorme Fortschritte. Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass sich das Produkt erfolgreich durchsetzen wird.