Experte verrät: Smoothies greifen Zähne an

Der richtige Verzehr von Flüssigkeiten ist ausschlaggebend für die Kariesbildung. Doch Muttermilch fürs Baby, Säfte für die Kids sowie Smoothies und Shakes für Erwachsene werden immer noch in ihrer Wirkung auf den Zahnschmelz unterschätzt. Denn obwohl sie als natürliche oder gesunde Lebensmittel gelten, enthalten sie jede Menge Zucker. Dr. Ulrich Remschmidt, Zahnarzt und Dozent an der Uniklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit in Graz, klärt über die Risiken gesüßter Getränke auf und gibt Tipps für ein zahngesundes Leben.

Zähne können nicht nur kauen, sondern auch fühlen. Ihr gesundheitlicher Zustand hat direkten Einfluss auf das Wohlbefinden einer Person und gibt Expert:innen Aufschluss über zahlreiche Aspekte des jeweiligen Lebensstils. Egal ob Raucher, Sportler oder Workaholic – all das lässt sich mit geschultem Blick allein am Mund ablesen. Doch Lifestyle-übergreifend gibt eine Entwicklung Mediziner:innen besonders zu denken: Der hohe Konsum zuckerhaltiger Getränke und der damit verbundene Anstieg von Karieserkrankungen.

Dr. Ulrich Remschmidt ist Zahnarzt in vierter Generation und Lehrbeauftragter der Universitätsklinik für Zahnmedizin und Mundgesundheit in Graz. In seinem Arbeitsalltag behandelt und operiert er regelmäßig Kinder mit stark geschädigten Zähnen. Seine Erfahrungen schildert er in seinem Buch ‚Kinder ohne Karies‘, in welchem er sich eingehend mit der Entstehung sowie der Vorbeugung von Karies auseinandersetzt. Die wichtigste Erkenntnis: Schon ab dem ersten Tag wird die menschliche Mundflora durch bestimmte Ernährungsroutinen negativ beeinflusst.

„Das beginnt schon mit der Muttermilch, die von Natur aus eine hohe Menge an Mehrfachzuckern enthält“, erklärt Dr. Remschmidt. Diese wichtige Energiequelle, die auch das Immunsystem der Neugeborenen positiv beeinflusst, könne schon frühzeitig Einfluss auf die Gesundheit der ersten Zähne nehmen. „Bedenklich ist hier vor allem das häufige Stillen in der Nacht, weil in dieser Zeit die natürliche Speichelproduktion gehemmt ist. Dadurch können die Zähne nicht auf natürliche Weise gereinigt werden und sind dem angreifenden Belag über längere Zeit ausgesetzt.“

Ein weiteres Risiko für frühkindliche Karies ist das sogenannte Nursing-Bottle-Syndrom. Wie der Name verrät, handelt es sich dabei um die regelmäßige Gabe von zucker- und säurehaltigen Getränken aus der Nuckel- bzw. Saugflasche. „Vor allem die oberen Schneide- und Backenzähne sind schon in jungen Jahren stark exponiert. Leider muss ich regelmäßig Kinder wegen schlimmer Karies operieren. Mit der richtigen Zahnpflege wäre das vermeidbar gewesen“, so der Zahnarzt. Dass die untere Mundpartie hier oft weniger stark betroffen ist, liege daran, dass die Zunge dort direkt anliegt und somit als natürlicher Putzer für die Zähne diene. „Umso wichtiger ist darum die regelmäßige Zahn- und auch Zungenreinigung, denn auf der rauen Oberfläche der Zunge können sich Bakterien besonders schnell ansammeln.“

Der Negativ-Trend setze sich auch bei Erwachsenen fort. „Ich bin ein großer Fan gesunder Ernährung, aber rein zahnärztlich gesprochen, kann man selbst einen Smoothie oder Shake falsch trinken“, warnt Dr. Remschmidt. „Auch hier gilt: Wenn wir diese Getränke über ein dünnes Mundstück aufnehmen, im schlimmsten Fall noch über einen längeren Zeitraum verteilt, dann verweilen Zucker und Säure viel zu lange an unseren Zähnen. Je dickflüssiger, also klebriger, das Getränk, desto stärker die Haftung.“

Für die bestmögliche Zahngesundheit sei es darum essentiell, neben der richtigen Ernährung und der regelmäßigen, professionellen Kontrolle auch die Bildung bzw. Ansammlung von Zahnbelag zu minimieren. „Hier ist letztlich die richtige Putzroutine das A und O. Das heißt wir brauchen nicht einfach nur lange Putzeinheiten, sondern auch einen Fokus auf Gründlichkeit und Regelmäßigkeit“, betont Dr. Remschmidt.

Eltern empfiehlt der Zahnexperte, ihre Kinder schon als Babys an die wiederkehrende Reinigung der Mundhöhle zu gewöhnen, im besten Fall noch vor dem ersten Zahn. In zugewandten Entwicklungsphasen greife die Vorbildfunktion der Erwachsenen oder zumindest der ‚Herdentrieb‘, wenn das Zähneputzen als gemeinsame Aktivität gepflegt werde. „Und wenn die Kids ihr eigenes Ding machen wollen, sind auch Unterhaltungsmedien als Hilfestellung beim Zähneputzen meiner Ansicht nach völlig unbedenklich. Manchmal hören die Kleinen mehr auf eine lustige Comic-Figur, als auf Papa“, so Dr. Remschmidt.

Wichtig sei aber auch hierbei die Gewährleistung, dass Gründlichkeit und Regelmäßigkeit ebenso gefördert werden, wie die reine Dauer einer Putzeinheit. „Mittlerweile gibt es hier auch tolle interaktive Angebote, sogenannte Zahnputz-Apps, von Playbrush oder anderen Anbietern.“ Eine sinnvolle Ergänzung der regelmäßigen Zahnpflege sei außerdem die Stärkung des Zahnschmelzes mithilfe von häuslichen Methoden, beispielsweise das Ölziehen die Aufnahme von antibakteriell wirkenden Nahrungsmitteln wie Ingwer oder das Spülen mit Teebaumöl.